Abschied von Lilli

Als ich 1971 erstmals in die Blindenschule kam, war auch Lilli schon im Internat. Sie konnte sich 1979/1980 noch gut an mich erinnern. Sie kam ja bereits im Kindergartenalter nach Wien in das BBI. Für mich trat sie aber erst ab 1990 durch den Skisport so richtig in mein Leben. Als sie sich bei einem Trainingskurs das Kreuzband riss, begann sich eine langjährige Freundschaft zu entwickeln. In den folgenden Jahren erkannten Sussi, Lilli und ich die Liebe zum Reitsport. Wir - Susi und ich - schafften es bis zum Reiterpass. Lilli ging in den späteren Jahren bis zur WM.

Jeder von uns ging seine eigenen Wegen. Es entstand mehr Abstand zu einander. Der Kontakt zu Lilli blieb aufrecht. Susi verlor ich aus meinen Augen.

Lilli hielt immer ihre vorgegebenen Kontrolluntersuchungen im Hanusch Krankenhaus ein, doch eines Tages stellte man bei ihr in einem anderen Krankenhaus ein leio myo sarkom retino blastom fest. Lilli kämpfte mit all ihrer Kraft und ihrem Lebensmut an. Unser Kontakt wurde wieder enger. Lilli hatte einen Lebenspartner, der ihr bis zur letzten Stunde zur Seite stand. Sie musste viele Operationen über sich ergehen lassen. Lilli versuchte viele "alternativ" Behandlungen. In Ihrem letzten halben Lebensjahr verbrachten wir einige Tage und Nächte miteinander. Ihren Lebensgefährten schickten wir heim. Er brauchte auch diese Zeit zum Durchschnaufen.

Lilli ließ mir ausrichten, wenn ich sie noch einmal sehen möchte, dann müsste ich binnen 2 Tagen zu ihr ins Hospitz kommen. Sie hatte keine Kraft mehr und bereitete sich auf ihren letzten Tag vor. Freunde nahmen mich mit dem Auto mit und wir verbrachten unsere letzten gemeinsamen Stunden. Sie wirkte körperlich so zerbrechlich, doch ihre innere Stärke war ungebrochen! Zum letzten Abschied umarmte sie mich und meinte mit fester Stimme, danke für die Freundschaft, pass gut auf dich auf und irgend wann sehen wir uns wieder!!!
Wir verabschiedeten uns von Lillis Familie und allen Anwesenden. Auf dieser Fahrt nach Hause war es so still...Juli 2013

Am nächsten Tag fuhr ich zur Multi-Sportwoche und wollte noch einmal zu Lilli ins Hospitz. Als ich mit dem Zug zu ihr unterwegs war, erhielt ich von ihrem Lebensgefährten die Nachricht - Lilli hat ihr Ziel erreicht. Auf der einen Seite war ich dankbar, dass ihr Leidensweg zu Ende war, doch in meinem Herzen hatte ich eine langjährige, sehr liebenswerte Freundin verloren. Sie gab mir bei unserer letzten Begegnung unendlich viel mit für meinen Lebensweg. Kurz darauf nahmen wir in ihrer Heimat Abschied von ihr. Lilli hatte ihr Begräbnis mit ihrem Lebensgefährten genau geplant und jedes der Musikstücke noch selbst ausgesucht. Dieser Abschied ging tief unter die Haut. Es war auch der Geburtstag ihrer Mama.

Lilli ging mir viel zu früh voraus und zeigt mir mit einer Geduld und Beharrlichkeit wie man sich auf diesen "letzten" Weg vorbereiten kann.

Lilli danke dir für deine langjährige Freundschaft und dass ich dich auf deinem Weg begleiten durfte!!!

Irgendwann sehen wir uns wieder!!!

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